Bürger sammeln Visionen zur Ernährung

Leutkirch sz Wie ernähren sich die Leutkircher? Wie können lokale Produzenten unterstützt werden? Was kann konkret verändert werden, damit die Bürger in Zukunft bewusster Lebensmittel konsumieren? Um solche Fragen dreht sich das Projekt „Kernig“, dass in Leutkirch derzeit auf der Agenda steht. Bei einem ersten Bürgerdialog haben Interessierte am Donnerstagabend die Stärken und Schwächen der Großen Kreisstadt in puncto Ernährung analysiert.

„Die Teilnehmer können stolz auf ihre Ergebnisse sein. Es sind viele gute Sachen zusammengekommen“, lautet das Fazit von Projektleiterin Nadine Zettlmeißl[1]. Die Freude bei den Organisatoren wurde allerdings ein wenig davon getrübt, dass lediglich neun Bürger den Weg in den Bürgerbahnhof fanden. Aber die Interessierten hätten gezeigt, dass Qualität nicht unbedingt aus Quantität entsteht.

Das Ergebnis nach fast drei Stunden Dialog kann sich in der Tat sehen lassen: Auf zwei Stellwänden hängen etliche Zettel, auf denen unter anderem Visionen für die Zukunft in Leutkirch festgehalten sind. „Wertschätzung für hochwertige Lebensmittel ist gestiegen“, „Ernährung als Unterrichtsfach“, „Mehrere und größere Streuobstwiesen“ oder „Höherer Anteil an regionalen Produkten im Supermarkt“ – das sind nur ein paar der Wünsche, die dort zu lesen sind. Eine weitere Hoffnung: Leutkirch übernimmt eine Vorreiterrolle in Deutschland für bewusste Ernährung. Ein anderer Bürger wünscht sich, dass Abfälle künftig besser verwertet werden und wieder in den „Produktionskreislauf“ eingeführt werden. Zudem kommt das Ziel zur Sprache, eine ganzjährige Versorgung mit regionalen Nahrungsmitteln zu schaffen.

Um solche Visionen zu erhalten, haben sich die Teilnehmer zunächst allerdings mit Leutkircher Stärken und Schwächen in Bezug auf die Ernährung beschäftigt. Einige der genannten Stärken: „der Wochenmarkt“, „regionale Produkte im Einzelhandel“, „wirtschaftlich starke, ländliche Region“. Dem gegenüber stehen Probleme, die die anwesenden Bürger in einer „fehlenden Vielfalt beim Anbau“, einem „Überangebot in Supermärkten“ oder „den Preisunterschieden regionaler Produkte“ sehen. In einem weiteren Punkt sind sich die Teilnehmer einig. Es müsse ein Bewusstsein für lokale Nahrungsmittel geschaffen werden.

Vor allem die Vielfältigkeit des Themas kam am Donnerstagabend zum Vorschein. Produktion, Zulieferung, Qualität und Vermarktung der Lebensmittel standen ebenso auf dem Prüfstand wie das Verhalten der Endverbraucher. In einem weiteren Bürgerdialog am Donnerstag, 6. April, sollen konkrete Maßnahmen entwickelt werden, um die herausgearbeiteten Ziele zu erreichen. Auch Interessierte, die nicht am ersten Termin dabei waren, sind eingeladen, an der Umsetzungsphase teilzunehmen, betonen die Organisatoren. Anfang Juli sollen die Ergebnisse aus den Bürgerdialogen und sogenannten Expertentreffen, bei denen sich „Akteure“ wie Gastronomen oder Landwirte getroffen haben, zusammengeführt werden. Im Herbst könnten erste Maßnahmen umgesetzt beziehungsweise im Gemeinderat vorgestellt werden.

Die Moderation der Bürgerbeteiligung übernehmen Mitarbeiter der Forschungs- und Beratungsorganisation „Nahhaft“, die sich für eine sozial-ökologische Neuausrichtung von Landwirtschaft und Ernährung einsetzt. Einer der Förderer des Projekts ist Oberbürgermeister Hans-Jörg Henle, der am Donnerstag die Bürger zum Dialog begrüßte. Leutkirch ist neben Waldkirch bei Freiburg eine der Modellstädte für das Projekt „Kernig“ und nimmt dadurch eine Vorreiterrolle ein. Absichtlich haben die Verantwortlichen zwei mittelgroße Städte gewählt, um einen Vergleich ziehen zu können.

Ein weiterer Bürgerdialog, zu dem auch Interessierte eingeladen sind, die am ersten Termin nicht dabei waren, findet am Donnerstag, 8. April, statt. Dabei sollen konkrete Maßnahmen für die Stadt Leutkirch erarbeitet werden.

Fußnoten:

  1. ^ Zur Person:Nadine Zettlmeißl (www.schwaebische.de)

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