Wie steht's mit der Stillfreundlichkeit in Deutschland? | DEBInet Ernährungsblog

Autor/in: Dr. oec. troph. Christina Bächle[2], Redaktion: Dr. Bertil Kluthe[3]
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit

Donnerstag, 21. September 2017

Was motiviert junge Mütter in Deutschland zu stillen? Mit welchen Problemen werden sie konfrontiert? Zwei aktuelle Forschungsprojekte befassen sich mit diesen und weiteren Fragen rund um die Stillfreundlichkeit in Deutschland und international.

Obwohl die gesundheitsförderlichen Wirkungen des Stillens[5] unbestritten und hinreichend belegt sind, wurden von den Geburtsjahrgängen 2002 bis 2012 in Deutschland nur ein Drittel der Säuglinge wie empfohlen mindestens 4 Monate ausschließlich gestillt (Quelle: KiGGS Studie, Welle 1). Damit ist der Anteil stillender Mütter, die sogenannte Stillquote, in Deutschland deutlich niedriger als in manchen Nachbarländern.

Ob und wie lange Mütter stillen, hängt von vielen individuellen und gesellschaftlich-politischen Faktoren ab. Von Bedeutung sind beispielsweise Alter und sozioökonomischer Status der Mutter, (neue) wissenschaftliche Kenntnisse zu den Auswirkungen des Stillens, die politische Unterstützung und soziale Akzeptanz des Stillens, die Gesetzgebung sowie die Struktur des nationalen Gesundheitssystems. Idealerweise sollten junge Mütter auf allen Ebenen stillfreundliche Bedingungen vorfinden, die sie bei ihrer Entscheidung für das Stillen unterstützen. Bislang fehlt allerding in Deutschland und auch international ein Überblick über Strukturen, Akteure und Maßnahmen zur Stillförderung und deren Erfolg.

Daher hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft das Netzwerk „Gesund ins Leben“ und die Nationale Stillkommission beauftragt, stillförderliche und -hinderliche Faktoren in Deutschland systematisch zu erfassen. Das Projekt ist Bestandteil eines internationalen zweijährigen Forschungsprojekts. Die neu gewonnenen Erkenntnisse sollen die Grundlage zur Planung und Begleitung gezielter und effizienter Maßnahmen zur Stillförderung bilden.

In Deutschland wird nun eine 15-köpfige Kommission aus Experten aus den Bereichen Politik, Praxis, Wissenschaft und Medien gebildet, die gemeinsam alle Informationen zu stillrelevanten Handlungsfeldern zusammentragen und bewerten soll. Hierbei wird ein gesamtgesellschaftlicher Ansatz verfolgt. Im darauffolgenden Soll-Ist-Vergleich werden Handlungsbedarfe und zukünftige stillfördernde Maßnahmen für Deutschland abgeleitet. Das Projekt soll durch intensive Öffentlichkeitsarbeit flankiert werden, um die öffentliche Wahrnehmung des Stillens und Kenntnisse zu dessen gesundheitlichen Vorteilen zu erhöhen. Außerdem besteht die Möglichkeit, stillfördernde und -hinderliche Faktoren zu einem „Breastfeeding Friendly Country Index“ zusammenzufassen. Der Vergleich mit anderen Ländern kann als Anreiz zur Verbesserung im eigenen Land dienen und Hinweise auf weitere Möglichkeiten zur Stillförderung geben.

Neben diesem Projekt arbeiten Wissenschaftler des Forschungsdepartments für Kinderernährung an der Universitätskinderklinik Bochum aktuell an einem Update der bundesweiten „SuSe“-Studie („Stillen und Säuglingsernährung“) aus dem Jahr 1997/98. Ziel ist die Gewinnung umfassender Daten zu Stillquoten und zur Säuglingsernährung im ersten Lebensjahr. Durch einen Vergleich mit der Situation 1997/98 erhoffen sich die Wissenschaftler Aufschluss darüber, wie sich stillfördernde Maßnahmen in Deutschland ausgewirkt haben und auf welche Weise man zukünftig das Stillen fördern könnte.

Studienleiterin Prof. Mathilde Kersting und ihr Team planen, bundesweit rund 1.700 Mütter zu ihrem Stillverhalten sowie der Ernährung ihrer Säuglinge zu befragen. Neben den Müttern werden Hebammen, Ärzte und Pflegepersonal kontaktiert, um ein möglich umfassendes Bild über die Gestaltung effektiverer Maßnahmen zur Stillförderung zu erhalten. Die Studie wurde von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) beauftragt und wird durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gefördert. Die Ergebnisse der SuSe-Studie II sollen im 14. DGE-Ernährungsbericht (2020) veröffentlicht werden.

verfasst von Dr. oec. troph. Christina Bächle[6] am 21. September 2017 um 07:12

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