Nur die Wenigsten profitieren davon

© dpa Ärzte begutachten eine eingescannten Probe eines Stück Gewebes aus dem Dickdarm.

Neue Immuntherapien gegen Krebs[1] wie adoptiver T-Zelltransfer oder Checkpoint-Inhibitoren können mitunter zu beeindruckenden Rückbildungen führen. Sie wirken bis jetzt allerdings nur bei einer Minderheit der Patienten. Warum es dem Immunsystem trotz heftiger Nachhilfe allzu oft misslingt, den Tumor anzugreifen, haben nun amerikanische Wissenschaftler vom National Cancer Institute in Bethesda sowie vom New York Genome Center Konsortium mit neuen genetischen Werkzeugen untersucht.

Wie die Forscher um Shashank Patel und Neville Sanjana in der Zeitschrift „Nature“ schreiben[2], haben sie  die Gene von Melanomzellen mit der genetischen Schere Crispr-Cas9 einzeln ausgeschaltet und die Folgen im Hinblick auf die Zerstörung optimierter T-Lymphozyten untersucht – jenen Immunzellen, denen der T-Zelltransfer sowie die Checkpoint-Hemmung zugrunde liegen. Dabei hat man unter den etwa 20.000 Genen, die das menschliche Genom ausmachen, mehr als 500 Kandidaten ausgemacht, die den Ausgang des Immunangriffs maßgeblich beeinflussen können. Darunter sind Gene, die bei der Bereitstellung und Präsentation von Tumorantigenen – jenen Proteinbruchstücken, die von T-Lymphozyten erkannt werden – involviert sind: Fehlen sie oder sind sie defekt, werden die Tumorzellen schlicht übersehen.

Genverlust hemmt den Therapieerfolg

Doch auch unerwartete Sequenzen stachen als Kandidaten heraus. Aus einem dieser Gene – „APLNR“– entsteht der Apelin-Rezeptor, ein Molekül, das die Bildung neuer Blutgefäße fördert und an der Kontrolle des Blutdrucks beteiligt ist. Bis dato war keine Verbindung zum Immunsystem bekannt. Nun rückt es in der Studie von Patel und Sanjana unter die zwanzig für Immuntherapien besonders kritischen Gene auf. Der Apelin-Rezeptor, sagen die Autoren, könnte die Blutgefäße des Tumors empfindlicher machen für den Effekt von Botenstoffen, die T-Zellen aussenden, um die Durchblutung des Tumors lahmzulegen.

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Wenn die Forscher APLNR-defekte Melanomzellen in Mäuse einpflanzten, wuchsen diese zwar nicht schneller als ihre unmodifizierten Gegenstücke. Nach einer Behandlung mit adoptivem T-Zelltransfer überlebten allerdings dreimal weniger Nager als bei den Kontrolltieren, deren Tumore das „APLNR“-Gen trugen. Auch bei einer Behandlung mit Checkpoint-Inhibitoren scheint das Gen entscheidend zu sein: Wenn die Therapie bei Mäusen mit Melanom zu kompletter Rückbildung in der Hälfte der Fälle führte, sank die Erfolgsrate bei einem Genverlust auf null herunter.

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Den Verlust von APLNR konnten die Forscher auch in Tumorgenomen von Melanom- und Lungenkrebs-Patienten nachweisen, bei welchen Checkpoint-Inhibitoren wie Ipilimumab oder Nivolumab fehlgeschlagen waren. Die Reaktivierung des Gens sowie anderer Kandidaten, die als Einflussfaktoren identifiziert wurden, könnte dazu beitragen, den Erfolg der Immuntherapien noch einmal entscheidend zu steigern.

Warum manche Immuntherapien gegen Krebs versagen

Quelle:

www.faz.net

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