Ernährung: Kein Wurst-Case-Szenario: Vom guten und schlechten Grillen

Grillen ist im Sommer eines der beliebtesten Freizeitvergnügen der Deutschen. Doch was geschieht eigentlich beim Grillen von Fleisch oder Gemüse und ist es überhaupt gesund? Antworten darauf gibt Harald Seitz vom Bundeszentrum für Ernährung.

Berlin[1] (dpa) - Was hat ein französischer[2] Chemiker mit saftig gegrillten Steaks zu tun? Warum empfehlen Experten, doppeltes Grillbesteck zu verwenden? Und sollte man Angst vor ominösen Abkürzungen wie HAA und PAK haben? Fragen und Antworten zur liebsten Freizeitbeschäftigung der Deutschen: dem Grillen.

Warum verändert das Fleisch beim Grillen die Farbe?

Fleisch enthält neben viel Eiweiß und Wasser auch ein wenig Zucker. Ab etwa 150 Grad Celsius verbinden sich Zuckermoleküle mit Aminosäuren, den Bestandteilen von Eiweißen. Diese hochkomplexen chemischen Prozesse hat als Erster der französische Chemiker Louis Camille Maillard entdeckt. Nach ihm heißen sie „Maillard-Reaktionen“. Sichtbarer Ausdruck der Maillard-Reaktion ist die goldbraune Farbe. Auch der Geschmack verändert sich und wird würziger - nicht nur bei Fleisch, sondern ebenso bei Brot und Käse, Keksen und Pommes frites.

Ist Grillen schlecht für die Gesundheit?

Eine Reihe von Substanzen, die beim Grillen entstehen, gelten in der Tat als gesundheitsschädlich. Je mehr Fett und Fleischsaft auf die Grillkohle tropft, desto mehr Rauch steigt auf. Er enthält sogenannte polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK). Einige der rund 250 chemischen Verbindungen dieser Art sind krebserregend. Das Fleisch sollte man daher auch nicht mit Bier ablöschen. In der bräunlichen Kruste von Fleisch und Fisch können zudem schon bei 120 Grad Celsius sogenannte HAA entstehen, heterozyklische aromatische Amine. Sie stehen im Verdacht, Krebs zu erregen.

Sind pflanzliche Lebensmittel auf dem Grill unbedenklicher?

Das kommt auf die Art und die Zubereitung an. Die Maillard-Reaktion ist nämlich nicht nur für den guten Geschmack und die appetitliche Farbe verantwortlich. Bei stärkehaltigen Lebensmitteln können sich auch giftige Stoffe bilden. Grillt man Kartoffeln oder Brot, entsteht - vor allem bei sehr starker Bräunung - Acrylamid. Der Stoff kann das Erbgut verändern und Krebs erzeugen. Stärkehaltige Marinaden sollte man deshalb meiden.

Das klingt alles schrecklich ungesund. Ist Grillen per se schlecht?

Aus ernährungswissenschaftlicher Sicht ist gegen gelegentliches Grillen nichts einzuwenden. Denn wie bei allen toxischen Substanzen gilt: Die Dosis macht's. Verkohlte Kasslerscheiben sind weitaus schädlicher als ein normal gegrilltes Steak: zum einen wegen der PAK, zum anderen wegen des Nitritpökelsalzes. In Verbindung mit dem Eiweiß kann es Nitrosamine bilden, die als krebserregend gelten. Gepökeltes gehört deshalb laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ebenso wenig auf den Grill wie Geräuchertes. Das Gefährlichste beim Grillen ist allerdings nicht das Essen - sondern das Feuer. Unterschätzt werden auch krankmachende Bakterien.

Welche Bakterien sind das?

Auf dem Essen befindet sich meist eine Mischung von nützlichen und gefährlichen Mikroorganismen. Vor allem auf rohem Hähnchen, in Rohmilch und in rohem Hackfleisch fühlen sich Campylobacter-Bakterien wohl. Sie können schweren Durchfall mit Fieber[3] und Krämpfen auslösen. Jährlich werden 70 000 Krankheitsfälle in Deutschland gemeldet. Das BfR rät deshalb dazu, Fleisch gut durchzugaren und vor allem nicht dasselbe Besteck und Geschirr für rohes und für erhitztes Fleisch zu verwenden. Schon ein paar Hundert Erreger reichen nämlich aus, damit die Grillsaison für einige schmerzhafte Tage unterbrochen ist.

Gibt es gesünderes Fleisch und weniger gesundes?

„Weißes Fleisch ist ernährungsphysiologisch etwas günstiger als rotes“, erklärt Harald Seitz vom Bundeszentrum für Ernährung. „Es ist fettärmer und hat deshalb auch weniger Kalorien.“ Auch wenn man sie auf deutschen Grills eher selten sieht: In Bezug auf Eiweiße sind Hühnereier besonders zu empfehlen. Ihr Protein kann sehr gut in menschliches Eiweiß umgewandelt werden. Rindfleisch wird ähnlich gut verwertet, nämlich relativ zum Hühnerei zu 80 Prozent. Beim Lupinenschnitzel hingegen, einer vegetarischen Alternative zu Fleisch, lassen sich nur rund 60 Prozent des Eiweißes in körpereigene Proteine umwandeln. „Deutschland ist aber definitiv kein Proteinmangelland“, gibt Seitz zu bedenken. „Letztlich müssen Sie auf den Grill legen, was Ihnen schmeckt.“

Quelle:

www.focus.de

Fußnoten:

  1. ^ Mehr zu Berlin (www.focus.de)
  2. ^ Mehr zu französischer (www.focus.de)
  3. ^ Mehr zu Fieber (www.focus.de)

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