Ernährung: Was machen Bäcker mit altem Brot? - Nachrichten Mindelheim

Jeden Morgen strömt der Duft von frisch gebackenem Brot aus den Bäckereien. Selbst kurz vor Ladenschluss steht man teilweise noch vor gefüllten Regalen. Bäcker möchten ihren Kunden den ganzen Tag über eine gut sortierte Auswahl an Backwaren bieten. Denn ohne dieses Angebot könnten Kunden auf Industrie-Teigwaren der Supermärkte ausweichen. Der Konkurrenz-Druck ist groß. Aber was passiert mit der nicht verkauften Ware der Bäckereien?

Karl Standhartinger, Obermeister der Bäckerinnung Memmingen-Mindelheim, erklärt: „Bleiben in einer Bäckerei beispielsweise 60 Semmeln und sieben Laib Brot übrig, dann wird das nicht weggeworfen.“ Als Bäcker brauche man Altbrot. „Es wird vermahlen und weiterverarbeitet zu Streumehl. Oder es wird für den Sauerteig verwendet.“ Kleinere Betriebe haben es laut dem Obermeister leichter, den „Bedarf an Brösel“ durch nicht verkaufte Ware zu decken. Hat ein Bäcker dagegen mehrere Filialen, werde es schwieriger. Bei zehn Filialen seien das zum Beispiel 600 überschüssige Semmeln am Tag. „Bei solchen Mengen ist es nicht mehr möglich, diese für den Eigenbedarf weiterzuverarbeiten“, sagt Standhartinger. Es gebe jedoch mehrere Wege, den Überschuss an Ware zu verarbeiten. „Denn Nahrungsmittel sind zu wertvoll, um sie wegzuschmeißen.“

Ein weiterer Weg ist, Ware abends reduziert zu verkaufen. So minimiert sich die Menge an Überschuss. Allerdings hat diese Methode laut Standhartinger den Nachteil, dass der Bäcker rückblickend nicht mehr einschätzen kann, wie viel Ware vor oder nach der Preisreduzierung verkauft wurde. „Je größer ein Betrieb ist, umso unkontrollierbarer wird die Berechnung des Tagesbedarfs“, beschreibt der Innungs-Obermeister.

Trennt man den Verkauf von frischer Ware und Altbrot, erleichtert sich die Analyse. Die täglichen Retouren kann beispielsweise das Backhaus Häussler in Memmingen jetzt genauer kontrollieren. So verkauft Hermann Markus Häussler seit vergangenem Monat in seinem Ladengeschäft „Neue Wege“ Brot vom Vortag. Wird Ware am späten Nachmittag gebacken und bis Ladenschluss nicht verkauft, wird sie nach Häusslers Worten als alt eingestuft, obwohl das Brot vom Vortag teilweise erst 15 Stunden alt ist.

Die Idee, derartige Altbrot-Bäckereien zu betreiben, sei im norddeutschen Raum bereits seit Längerem bekannt, sagt Standhartinger. Dabei verknüpfe etwa die Bäckerei-Kette Büsch in Herne den Abverkauf der Überschussware mit sozialem Engagement. So würden Langzeitarbeitslose als Verkäufer eingestellt und der erwirtschaftete Gewinn an Hilfsorganisationen gespendet. Andere Abnehmer für ältere Backwaren sind die „Tafeln“. Überschüssige, aber qualitativ einwandfreie Lebensmittel werden dort an Bedürftige günstig abgegeben. Sollte nach den vier aufgezeigten Möglichkeiten noch Rest-Brot vorhanden sein, landet es in der Biogasanlage oder wird es als Tierfutter weitergegeben.

So wird es zum Beispiel bei Back Mayr in Mindelheim gehandhabt. Das Unternehmen betreibt 38 eigene Filialen und versorgt zahlreiche integrierte Verkaufsstellen in Supermärkten. Was abends übrig bleibt, wird als Tierfutter verkauft oder an Tafeln abgegeben. Um den Überschuss jedoch möglichst gering zu halten wird laut Geschäftsführer und Mitinhaber Ernst Mayr sorgfältig geplant: „Soweit es möglich ist, backen wir unsere Backwaren in den Filialen frisch.“ Das trage nicht nur dazu bei, dass die Rückläufe gering blieben, sondern lasse auch ein kurzfristiges Reagieren auf schwankende Nachfragen zu.

Dazu sind die Waren in Mayrs Betrieb zudem in drei Kategorien eingeteilt: Brezen und Semmeln sollten auch kurz vor Ladenschluss noch verfügbar sein und zählen damit zur ersten Kategorie. Die meisten Brotsorten zählen in die zweite Rubrik, sind damit aufgrund der Vielfalt in geringeren Mengen verfügbar und können je nach Nachfrage kurz vor Verkaufsschluss noch erhältlich oder schon verkauft sein. In die letzte Kategorie zählen Kuchen und andere Gebäckstücke, die nicht laufend nachproduziert werden und dem letzten Kunden des Tages nur noch dann zur Verfügung stehen können, wenn sie vorher nicht schon verkauft wurden. Ein Faktor, der die Mengenplanung laut Mayr merklich erschwert, sind die schwankenden Temperaturen im Sommer. „Wenn es sehr warm ist, werden deutlich weniger Brote verkauft als an milderen Tagen.“

Auch in Privathaushalten bleiben gelegentlich Backwaren übrig. Wer übrig gebliebene Semmeln weder in den Müll werfen, noch sich die Zähne daran ausbeißen will, sollte diesen einfachen Trick ausprobieren: Wickelt man die Semmeln vom Vortag für zwei Minuten in ein nasses Tuch und legt sie anschließend für fünf Minuten bei 150 Grad in den Ofen, werden sie wieder weich mit einer zarten Kruste.

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